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Radeln ohne Alter - das Recht auf Wind in den Haaren
Die Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums Schöneberg sind neuerdings mit einer besonderen Rikscha unterwegs.„Guck mal, der Mann fährt seine Eltern spazieren. Das ist ja toll“, höre ich eine Spaziergängerin sagen, während ich auf meinem Fahrrad sitzend einer Rikscha durch den Schöneberger Heinrich-Lassen-Park folge. Gleichzeitig muss ich mich ganz schön auf die unebene Fahrbahn unter mir konzentrieren.
Schuld daran sind Flirtversuche eines gewissen Heinz Rouvaire an seine Rikscha-Sitznachbarin Magdalene Strauß, die mich ablenken und innerlich schmunzeln lassen. „Wissen Sie, Sie sind die einzige Intellektuelle hier, das habe ich sofort erkannt“, höre ich ihn sagen. Die 87-Jährige lacht verlegen und legt ihren Kopf an seine Schulter.
Anders als vielleicht vermutet, handelt es sich nicht um ein lange verheiratetes Ehepaar, das spazieren gefahren wird, und der Rikscha-Fahrer ist auch nicht der Sohn der beiden.
Calle Overweg fährt Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Seniorenzentrum Schöneberg spazieren – und das macht er, weil es ihm Spaß macht. „Radeln ohne Alter“ ist eine in Dänemark entstandene, inzwischen weltweite Initiative. Sie bringt körperlich noch gut bewegliche Menschen mit altersbedingt weniger beweglichen für Ausflüge zusammen: durch ehrenamtliche Fahrradrikschafahrer – und das kostenlos.
Calle Overweg hat die Idee nach Berlin gebracht. Seit einigen Wochen ist er nun mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Schöneberger Seniorenzentrums unterwegs. Dabei weiß er von seinen Touren Bewegtes und Bewegendes zu erzählen.
„Sie sangen, jubelten, lachten und bestaunten alles, als hätten sie es zum ersten Mal gesehen"
Calle Overweg über seine ersten Ausflüge auf drei Rädern
Wo haben Sie das erste Mal von, wie es in Dänemark heißt, „Cycling uden alder“ (Radeln ohne Alter – Das Recht auf Wind in den Haaren) gehört?
Ich bin eigentlich Dokumentarfilmemacher und während einer Recherche über Fahrräder auf eine Rede von Ole Kassow gestoßen. Er hat die Initiative in Kopenhagen ins Leben gerufen. Seine Worte haben mich sehr berührt. Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht warum, aber ich war so beeindruckt, dass ich mich anschließend sofort bei ihm melden musste.
Wie ging es dann weiter?
Was ich sofort wusste war, dass ich das nicht filmen, sondern selber machen will! Ich habe ein Interview auf einer Webseite gegeben und mich dabei sozusagen öffentlich dazu bekannt, Radeln ohne Alter nach Berlin zu holen. Was, wie ich finde, ein Risiko ist, weil man ja auch damit rechnen muss, dass es scheitern kann. Man braucht viel Zeit und Energie, um eine Initiative wie diese in einer anderen Stadt lebendig werden zu lassen. Ich hab´s trotzdem gemacht – aus Wagemut oder Unvorsicht?! (er lacht). Es kam doch relativ schnell auch ein kompetentes Team zusammen, um diese Initiative aus dem Boden zu stampfen.
Ich habe anfangs meine 95-jährige Tante gefahren. Sie hat eine künstliche Hüfte, die nicht mehr hält und die nicht mehr ersetzt werden kann. Dadurch geht sie ganz mühsam am Stock. Und Rollstuhlfahren ist halt auch nicht ganz so spaßig, wie auf einer Rikscha fahren.
So eine Fahrradrikscha habe ich auf Berlins Straßen noch nicht gesehen. Sie scheint speziell zu diesem Zweck gebaut worden zu sein?
Ich fahre eine Christiania-Rikscha. Sie entstammt der Werkstatt des dänischen Fahrradbauers Christiania, der für seine vielen guten Lastenradkonstruktionen bekannt ist. Der extrem tiefe Einstieg ist wichtig, ein kleiner Motor hilft, wenn es mal bergauf geht. Wir haben momentan nur ein Fahrrad. Es kostet ungefähr 5.000 Euro und ist mit einer Lieferzeit von mindestens vier Monaten auch nicht so leicht zu bekommen.
Und mit dieser Rikscha haben Sie dann einfach vorm Seniorenzentrum Schöneberg Halt gemacht?
Ich wohne in der Nähe des Seniorenzentrums, habe dort einfach mal nach einem Termin gefragt und in Frau Mönnich, der Sozialarbeiterin und stellvertretenden Heimleitung, sofort eine Verbündete gefunden.
Wie haben Sie die ersten Fahrten mit den Bewohnerinnen und Bewohnern empfunden?
Es passiert etwas, wenn man mit jemandem in so einer Rikscha fährt und das ganz automatisch, ohne dass man sich groß anstrengen muss. Es ergibt sich eine lustige Offenheit dem gegenüber, was da kommt. Die beiden Damen, die ich beim letzten Mal gefahren habe, waren an Demenz erkrankt, aber das machte nichts, sie waren völlig begeistert. Sie sangen, jubelten, lachten und bestaunten alles, als hätten sie es zum ersten Mal gesehen: den Teich, die Bäume, die Goldfische im Wasser, das Licht, die herumtobenden Kinder – alles haben die Zwei kommentiert. Sie haben versucht, mit allen möglichen Leuten Kontakt aufzunehmen und es auch geschafft. Leute, die auf uns zukamen, fingen an zu grinsen. Es war so schön zu sehen, dass diese Frauen ihren Spaß hatten.
Bisher war jede Fahrt anders, als ich sie erwartet hatte. Während der Ausflüge habe ich vieles aus den Leben der Menschen erfahren. Die Leute erzählen wahnsinnig gerne. Ungefähr so, wie beim Taxifahren. Es ist eine ähnlich nahe Situation, nur dass es nicht darum geht, jemanden von A nach B zu bringen, sondern darum, gemeinsam einen Ausflug zu erleben.
Ihre Ansprechpartner
Ralf Schäfer
Heim- und Pflegedienstleitung
Seniorenzentrum Schöneberg
Hauptstraße 121 A
10827 Berlin
T: 030 78004-0
r.schaefer@immanuel.de
Calle Overweg
Radeln ohne Alter Berlin
Naumannstr. 34
10829 Berlin
rerhafdar@icloud.com
T: 030 7889 0393 oder 0175 529 1392
Ihre Presse-Ansprechpartnerin
Monika Vogel
Pressereferentin und Medienkoordinatorin Immanuel Diakonie
Immanuel Diakonie
Am Kleinen Wannsee 5 A
14109 Berlin
T: 030 80505-843 und 0176 23234511
mh.vogel@immanuel.de
Basis-Informationen
Seniorenzentrum Schöneberg
Unter einem Dach bietet das Seniorenzentrum Schöneberg vollstationäre Pflege mit 63 Plätzen und Betreutes Wohnen in 20 Wohnungen im Herzen des Schöneberger Kiez - gelegen zwischen den Ausläufern des Heinrich-Lassen-Parks und dem kulturhistorischen Denkmal „Gasometer“.
Das enge Zusammenwirken mit Angehörigen und die Aufrechterhaltung der Selbstbestimmtheit sind wichtige Anliegen. Sie dienen dem Erhalt der individuellen Gewohnheiten der Bewohnerinnen und Bewohner.
Weitere Informationen:
Immanuel-Miteinander Leben GmbH
Die Immanuel-Miteinander Leben GmbH ist eine Gesellschaft der Immanuel Diakonie. Sie betreibt an 8 Standorten in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Einrichtungen in den Bereichen Vollstationäre Pflege, Tagespflege, Kurzzeitpflege, Diakoniestationen sowie Wohnstätten in der Behinderten- und Suchthilfe. Seit über 60 Jahren ist die Schaffung lebenswerter Lebenswelten für pflegebedürftige Menschen Zentrum ihrer diakonischen Aktivitäten.
Weitere Informationen:
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Immanuel Diakonie
Die Immanuel Diakonie betreibt Kliniken, Arztpraxen, Senioreneinrichtungen sowie Einrichtungen der Suchtkranken- und Behindertenhilfe und Beratungsstellen an ca. 50 Standorten in Berlin, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Sitz des Unternehmens, das insgesamt ca. 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, ist Berlin. Dienstleistungsgesellschaften im Bereich der Gesundheitsversorgung gehören ebenfalls zur Immanuel Diakonie, deren alleinige Gesellschafterin die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Berlin-Schöneberg, Hauptstraße, K.d.ö.R. (baptisten.schöneberg) ist.
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Dateien:
- PM: 2015-06-17: Bewegt und Bewegend4,95 MB
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